EGLianer mit dem Rad auf den Spuren der deutschen Geschichte
Die Daten der Grenzradtour von Boizenburg nach Wismar, die von der Landesbeauftragten für MV für die Aufarbeitung der SED-Diktatur, der Landeszentrale für politische Bildung MV und dem Verein Politische Memoriale organisiert wurde, sind einfach. Die Teilnehmer kommen auf 140 Kilometern in fünf Tagen an historischen Orten, Museen, Gedenkstätten und an Erinnerungszeichen vorbei.
Zudem kommen sie entlang der ehemaligen innerdeutschen Grenze bis zum 24. Juni mit Experten und Zeitzeugen zu Ursachen, Folgen und Prozessen der Überwindung der Teilung Deutschlands und Europas ins Gespräch. So heißt es in einer offiziellen Meldung zu der Aktion.
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Doch dass das Ganze noch weitaus mehr, nämlich jeweils auch eine Geschichte von und über Menschen ist, das erfuhren die fast 30 Teilnehmer, darunter auch Schüler aus Lübz, Malchin und Rostock, schon zum Start in Boizenburg.
„Wir sind eine geschichtsträchtige Stadt. Boizenburg steht sinnbildlich für die deutsche Geschichte. Vom ehemaligen KZ bis zum Grenzzaun ist hier alles erlebbar“, machte Rico Reichelt in einer kleinen Gesprächsrunde deutlich. Dabei war Boizenburgs Bürgermeister, Jahrgang 1987, so ehrlich und hob hervor: „Ich habe gar nicht so viel mitbekommen von der DDR.“
Dafür hatte der ebenfalls anwesende Harald Jäschke umso mehr Erlebnisse zu erzählen. Der ehemalige Bürgermeister von Boizenburg bezeichnete sich selbst als „Grenzgänger“. Und das zu Recht. Aufgewachsen in Westberlin, brachte ihn die Liebe mit der Region Dithmarschen in Berührung. Die Verbindungsachse damals? Die heutige Bundesstraße 5. Sie zog sich seither durch sein ganzes Leben. Raus aus Berlin ging es für den Verwaltungsmenschen nämlich zunächst ins Sozialamt der Stadt Lauenburg, bevor er im Zuge der Wende nach Boizenburg gekommen ist. Die Stadt, in der er von 1998 bis 2022 Bürgermeister war.
Mit dieser Vita war Harald Jäschke natürlich prädestiniert für die Grenzradtour, die bereits im Jubiläumsjahr der deutschen Einheit 2020 geplant war und aufgrund der coronabedingten Verschiebung um einen weiteren inhaltlichen Schwerpunkt, auf die Transformationsprozesse nach 1990, erweitert wurde. Das strich der stellvertretende Landesbeauftragte Burkhard Bley beim Zusammentreffen im Boizenburger Rathaus heraus.
Resignation und Millionenbeträge
Bei all den generellen Fakten bezüglich der Entwicklung, die die Stadt und die Menschen, die in ihr wohnen, seit 1990 durchlaufen haben, waren es vor allem die einzelnen Schicksale, an welche sich Harald Jäschke erinnerte, die bei den Teilnehmern der Radtour für Eindruck sorgten. Sei es die von Harald Jäschke wahrgenommene Resignation der Mitarbeiter der Elbewerft, als ihnen am 13. Dezember 1998 verkündet wurde, dass für sie am Jahresende Schluss sei. Oder aber die bloße Summe von sechs Millionen D-Mark, die Harald Jäschke als Sozialamtsleiter in Lauenburg damals als Begrüßungsgeld an die Bürger der DDR ausgezahlt hat.
Es waren Geschichten vom Wandel der Zeit und Geschichten mit Nachdruck. Deren komplettes Ende ist dabei noch nicht erzählt. Denn, so sind sich Harald Jäschke und Rico Reichelt, trotz der Entwicklung, die Boizenburg genommen hat, einig: Ganz zusammengewachsen ist immer noch nicht alles. Sie führten das unterschiedliche Lohngefüge zwischen Ost und West als Beleg dafür an.
Quelle: Grenzradtour startete in Boizenburg und führt bis nach Wismar | SVZ, Zugriff: 29.06.22
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https://www.ndr.de/fernsehen/sendungen/nordmagazin/Grenz-Radtour-startet,nordmagazin97080.html
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