23. Februar 2015

Strahlengefahr weit unterschätzt (svz 19-02-15)

Baubiologin Birgit Pfaff an Lübzer Eldenburg-Gymnasium zu Gast / Gedanke an Abend für alle Eltern / Offizielle Grenzwerte keine Hilfe
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Baubiologin Birgit Pfaff im Gespräch mit Schülern der 9c des Lübzer Eldenburg-Gymnasiums
Foto: Ilja Baatz

Angesichts ausufernder Handy-/Smartphone-Bestände und ihres rücksichtslosen, weil in wichtigen Bereichen von Unkenntnis geprägten Einsatzes hat sich Baubiologin Birgit Pfaff zum Ziel gesetzt, besonders junge Menschen über die Gefahren für ihr Leben aufzuklären.

Unlängst geschah dies an der Goldberger Husemann-Schule (wir berichteten), nun scheint daraus eine kleine Reihe zu werden. Dieser Tage war die Kreienerin in einer neunten Klasse des Eldenburg-Gymnasiums zu Gast, um mit den Schülern über die neuen Techniken und ihre oft fatalen Nebenwirkungen zu sprechen.

Als Unterstützung dienten zwei kurze Filme. Sie stellten einerseits dar, wie das Miteinander von Menschen leidet, wenn das Handy bei nichts mehr ausgespart wird, und dokumentierten andererseits die Gesundheitsschäden an Lebewesen durch von WLAN (kabelloses Internet) ausgehende Strahlung. Eine für ihr Projekt ausgezeichnete Elftklässlerin hatte dies 2011 durch ihren Versuch mit Mehlwürmern belegt und dafür den Wettbewerb „Jugend forscht“ gewonnen. Ergebnis: Die durch die Funkwellen bestrahlten Tiere sind unruhig, aggressiv und ihre Sterblichkeit liegt um 15 Prozent höher als die der „normalen“ – eine grundsätzliche Richtung, wie sie mittlerweile auch in der Humanmedizin kein Geheimnis mehr ist. Die Hodenkrebsrate etwa ist in die Höhe geschnellt, weil – so die Kritiker – Männer ihr angeschaltetes Handy oft in der vorderen Hosentasche trugen/tragen, was Befürworter der neuen Technik trotz ernst zu nehmender Untersuchungen (nicht nur der der Schülerin) natürlich nicht so sehen.

Nach den Filmen war es auch im Gymnasium totenstill. Fast alle hatten schon von möglichen Gefahren vor allem durch Kurzwellenstrahlung (unter anderem von WLAN, Mikrowellen und Handys ausgehend) gehört, doch wie nah die Gefahren sie umgeben, zeigte Wirkung. „Sitzt Ihr zuhause in der Familie noch zusammen und sprecht miteinander?“, fragte die Baubiologin unter anderem und beleuchtete damit den sozialen Aspekt. Für einen Menschen wichtige direkte Kommunikation falle immer mehr unter den Tisch, was bedenklich sei: „Hinter einer Nachricht steckt zwar auch ein Mensch, aber er ist weit weg. Unabhängig von den Gesundheitsgefahren driften manche ins Virtuelle ab und haben keinen Bezug zur Realität mehr.“

In einem Flugzeug dürfe man kein Handy anschalten, weil es den Funkverkehr stören könnte. „Bei hochkompliziert aufgebauten Lebewesen, wie es auch Menschen sind, ist es aber erlaubt. Komisch, oder?“, so die Biologin.

Birgit Pfaff fand es eigenen Worten zufolge erfreulich, dass die meisten Schüler über den sozialen Aspekt hinaus auch grundsätzlich um Gefahren wussten. Einige berichteten, dass WLAN und auch Handys in ihrer Wohnung nachts ausgeschaltet werden (zumindest so, dass sie nicht senden/empfangen können) – so, wie es sein sollte. Ältere Schnurlostelefone gehören zudem überprüft.

Dass auch die Kommunikation im Körper durch Strom geschieht, wussten viele, nicht jedoch die Stärke: Sie liegt bei verschwindenden 0,000000000004 Ampère. Baubiologen sagen deshalb, dass tagsüber (bei der Arbeit etwa) ein Höchstwert von 50 Mikrowatt pro Quadratmeter gilt, in Ruheräumen sind es nur noch fünf – eben weil sich der Körper hier erholen soll. In Deutschland sind beim Mobilfunk hingegen Grenzwerte zugelassen, die bis in die Millionen gehen. „Wenn also ein Netzbetreiber bei der Aufstellung eines neuen Funkmastes sagt, dass alles legal ist, kann das durchaus stimmen. Was Politik und Wirtschaft in diesem Bereich vereinbaren, hat aus unserer Sicht mit Gesundheit jedoch nichts mehr zu tun“, sagt Birgit Pfaff.

Sie hatte auch einen Teil ihrer Messtechnik mit ins Gymnasium gebracht, die nach Abschalten aller Handys in der Klasse einen Wert von gut 4 anzeigte – schlafzimmertauglich. Nach Öffnen eines Fensters knackte das Gerät jedoch sofort fast ohrenbetäubend: Ein nicht weit entfernter Sendemast und auf dem Schulhof deshalb ein Wert von erstaunlichen 140. Warum nicht in den Räumen? Das Gymnasium wurde neu gebaut und hat deshalb metallbedampfte Fenster – der Biologin zufolge der mit beste Schutz vorm Eindringen von Strahlung.

Birgit Brügmann, Gesundheitsbeauftragte des Eldenburg-Gymnasiums, zeigte sich von dem Vortrag begeistert und äußerte, dass bestimmt noch mehr Klassen Gebrauch davon machen wollten. Außerdem wäre es gut, auch einmal einen offenen Elternabend zu dem Thema zu veranstalten.

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