„Schule ist für Schüler da” (SVZ 29-05-15)
Das Eldenburg-Gymnasium Lübz präsentiert beim Netzwerktreffen Lehrern anderer Schulen ihr Konzept der Ganztagsschule
LÜBZ
Was ist guter Unterricht? Mit dieser Frage beschäftigt sich nicht nur John Hattie, ein neuseeländischer Bildungsforscher der University of Melbourne, sondern auch Torsten Schwarz, Schulleiter des Lübzer Eldenburg-Gymnasiums. Beim Netzwerktreffen „Qualitätsentwicklung und Evaluation in der Ganztagsschule” organisiert durch die „Serviceagentur ganztägig lernen MV” tauschen sich Lehrer unterschiedlicher Schulen aus, berichten von ihrem Alltag, von ihrem Schulkonzept. Allen Lehrern, die bei diesem Netzwerktreffen am Tisch sitzen, geht es um eines: Guten Unterricht machen und allen Schülern eine Chance geben. Denn „Schule ist für Schüler da, nicht für Lehrer”, sagt Torsten Schwarz. Doch bis das Eldenburg-Gymnasium an diesem Punkt angelangt war, war es ein langer Prozess. „Es hat viele Diskussionen im Lehrerkollegium gegeben”, führt Torsten Schwarz weiter aus. Das kennt auch Dr. Matthias Schöpa, stellvertretender Schulleiter des Gymnasialen Schulzentrums Barth. „Wir achten bei unseren Neueinstellungen schon darauf, ob die Lehrer unsere Philosophie mittragen oder nicht”, fügt Dr. Matthias Schöpa hinzu.
Genauso wie das EGL in Lübz verfolgt das Gymnasiale Schulzentrum in Barth das Konzept einer Ganztagsschule. „Unsere Schüler sollen ohne Hausaufgaben nach Hause gehen können”, erläutert Franka Waburg, stellvertretende Schulleiterin des Lübzer EGL. Dafür gibt es am Gymnasium die sogenannte „SOL”-Zeit, die studienorientierte Lernzeit. Während dieser Zeit lernen die Jungen und Mädchen vor allem eines: Selbstständigkeit. Denn in diesen Block fällt auch die 45minütige Mittagspause. Doch die Schüler des Eldenburg-Gymnasiums müssen sich selbst organisieren und planen, wann sie ihre schriftlichen Aufgaben erledigen. Hier bietet das EGL ein weiteres Angebot: die Rückkopplung mit einem Fachlehrer. „Wir haben extra Räume für die SOL-Zeit”, verdeutlicht Franka Waburg ihren Gästen. „Hier sind immer Lehrer vor Ort, mit denen sich die Schüler austauschen können. Und es wird angenommen. Vielmehr fallen den Schülern die Veränderungen leichter als den Lehrern”, sagt sie weiter.
Ein weiteres Mittel gibt es noch am Eldenburg-Gymnasium: die sogenannte Feedback-Kultur. Hier bekommen nicht nur die Schüler Rückmeldung von ihren Lehrern, sondern auch die Schüler beurteilen ihre Fachlehrer. Nur so könne guter Unterricht entstehen, der am EGL in 80minütigen Blöcken erfolgt. „Vom Frontalunterricht sind wir weit entfernt, unsere Schüler gestalten die Unterrichtsstunden mit und wir geben ihnen das Material dafür an die Hand”, sagt Torsten Schwarz.
Vom Konzept des Lübzer Gymnasiums sind die Gast-Lehrer angetan, begeistert. Überlegen, wie sie es an ihren Schulen umsetzen können. Genau darauf zielt ein solches Netzwerktreffen durch die „Serviceagentur ganztägig lernen MV” ab. „In regelmäßigen Abständen machen wir diese Treffen”, verdeutlicht Norma Grube von der Serviceagentur. „Das Eldenburg-Gymnasium war bereits eine Netzwerkschule, hatte aber zwischendurch pausiert. Jetzt sind wir auf die Schule zugegangen”, sagt Norma Grube weiter.
Doch nicht nur die Gast‑Lehrer von Schulen aus Schwerin, Barth oder Rastow nehmen aus diesem Treffen etwas mit, sondern auch Torsten Schwarz und Franka Waburg. Am Gymnasialen Schulzentrum Barth bekommt jeder Neuling einen Betreuer an die Hand. „Somit fällt der Einstieg in eine neue Schule viel leichter. Das ist ähnlich wie bei Referendaren, die wir unendlich wichtig finden”, sagt Matthias Schöpa. Auch die Zukunft hat der stellvertretende Schulleiter aus Barth immer im Blick. „Wir schauen, welcher Lehrer demnächst in den Ruhestand wechseln könnte. Dann versuchen wir explizit für diese Fächer Lehrer zu finden und einzustellen.”
Organisation ist alles. An Ganztagsschulen, wie auch an anderen. Aber vor allem ist eines wichtig: Die Lehrer müssen die Veränderungen wollen. „Es ist ein Lernprozess. Doch die Schüler haben sich verändert, dann müssen wir das ebenfalls”, erklärt Franka Waburg.
Sabrina Panknin