6. Dezember 2016

Schule, die keine Routine kennt (svz 05-12-16)

Tag der offenen Tür am Eldenburg Gymnasium: Wertschätzender Grundton und Schüleraktivität sind zwei der Pfeiler, auf denen diese Schule steht

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Wie jedes Jahr war die Informationsveranstaltung in der Turnhalle gut besucht. Fotos: MOnika Maria Degner

Ein Kernvortrag für die Eltern der künftigen Siebtklässler in der Turnhalle, dazu Einblicke in den pädagogischen Alltag des Eldenburggymnasiums, vermittelt durch das Kollegium, das die Besucher auf einem „Parcours“ durch die Klassenräume zu jeweils unterschiedlichen Themen informierte – so präsentierte sich der diesjährige „Tag der offenen Tür“ des Lübzer Gymnasiums.

„Was uns antreibt“ überschreibt Schulleiter Torsten Schwarz den etwa einstündigen Vortrag, der das Profil der Lübzer Schule genauestens zu erfassen versucht. Was Kollegium und Schulleiter antreibt – aber eben nicht vor sich hertreibt – ist es, Schüler mit zukunftstauglichen Befähigungen zu entlassen. „Wir bilden aber nicht in erster Linie für die Wirtschaft aus, wir haben einen humanistischen Ansatz.“ Franka Waburg, Mathe-, Chemie- und Informatiklehrerin, betont es resolut. Es gilt also nicht, um es hier einmal besonders abstoßend zu formulieren, funktionierendes „Humankapital“ für die Wirtschaft heranzuerziehen, aber Schule – und dazu bekennt sich das Eldenburg – muss sich die Grundfrage stellen, was junge Menschen für ihr Leben brauchen, und dann den Spagat leisten zwischen humanistisch umfassender Bildung und den speziellen Kompetenzen, die im heutigen Wirtschaftsleben gefragt sind.

Längst hat es sich herumgesprochen: Die Bosse suchen keine abhängigen Befehlsempfänger mehr, sondern in vielerlei Beziehung selbstständige und teamfähige Persönlichkeiten. Die Werte und Qualifikationen, die das Eldenburg Gymnasium durch seine Unterrichts- beziehungsweise Lernmethoden aufbauen möchte, decken sich daher weitgehend auch mit den Erwartungen, die die Arbeitswelt hegt. Die Eckpunkte, die das Lehrerteam hier vor den Eltern referiert, heißen unter dem Stichwort Persönlichkeitsentwicklung zum Beispiel: Empathie, Ausdauer, Selbstständigkeit, Selbsteinschätzung der Leistung. Die Schüler sollen zu ihren Werte finden und lernen, die eigene Meinung zu vertreten. Alles Qualitäten, die aber auch bestimmte Bedingungen brauchen, um gedeihen zu können. Mit der Rhythmisierung des täglichen Unterrichts und mit Glue (eng. für Leim), einer im Schuljahr zeitlich begrenzt durchgeführten Form des fächerübergreifenden Lernens für die Klassen 7 bis 9 soll dies u. a. erreicht werden. Glue bedeutet, so der Schulleiter, dass ein Kernthema (zum Beispiel „Sport“) in alle sich anbietenden inhaltlichen Richtungen von den Schülern selbst entwickelt wird. Selbstständiges Arbeiten, Verantwortung für den Arbeitsprozess, Teamgespräch und -interaktion werden in dieser Arbeitsform eingeübt. Dass Lehrer das Ganze begleiten, versteht sich und sie wissen: Schüler mögen die sechs bis sieben Wochen pro Jahr im Glue-Verfahren.

Die Rhythmisierung des Unterrichts wiederum bedeutet, dass die Lübzer Ganztagsschule, die täglich um 15.25 Uhr ihre Tore wieder schließt, eine hygienischere Struktur des Tages, die sonst den bekannten Einheiten von 45 Minuten gehört, eingeführt hat. Das Eldenburg hat mittlerweile auf Unterrichtsblöcke von je 80 Minuten umgeschaltet, das ist mehr Zeit, den Stoff im zeitlichen Zusammenhang entwickeln und verinnerlichen zu können. Der 80-Minuten-Rhythmus gilt auch für die Mittagszeit. Dieser Block nun ist Mittagspause im klassischen Sinn, 100 Minuten pro Woche mindestens aber müssen die Schüler davon in eigener Verantwortung für die Hausarbeiten abzweigen (Sol). Die abgeleistete Zeit wird von der Aufsicht quittiert. Für Wahlpflichtfächer und Freizeitkurse nach dem Mittag gilt dann wieder der genannte zeitliche Rahmen.

Die Umstellung auf den neuen Rhythmus sei kräftezehrend gewesen, bekannte der Schulleiter, aber die Lübzer Schule gelte nun, was dieses Format anbelange, als einer der wenigen „Leuchttürme“ im Land. Ohnehin ist diese Schule mit anderen gut vernetzt und im beständigen Austausch. Der engagierte Pädagoge Schwarz setzt sich überdies beständig mit aktuellen Trends in den Erziehungswissenschaften auseinander und sucht auch die direkte Zusammenarbeit mit Wissenschaftlern (wir berichteten jüngst über die Zusammenarbeit mit Prof. Klaus Zierer aus Augsburg).

Zum Thema des selbstverantwortlichen Lernens und Arbeitens weist Geschichtslehrer Schwarz auch auf die Leistungen der sogenannten „SoR“- Gruppe (SoR = Schule ohne Rassismus) hin. „Was diese Schüler machen, ist großes Kino“, sagt er und setzt später im Gespräch hinzu: Und sie bringen sich im Unterricht dann auch wie selbstverständlich ein. „Lernen durch Engagement“ wäre also wohl der pädagogische Terminus. Und das weiß jeder: Echte Begeisterung für etwas ist wahrscheinlich der Königsweg des Lernens und zum Erfolg.

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