Schachmatt in der siebten Stunde (svz 07-11-16)
Goethe hat einmal gesagt „das Schachspiel ist ein Probierstein des Gehirns“. Wie recht er damit hatte und dass das Spiel am Brett schweißtreibend sein kann, erleben 20 Mädchen und Jungen aus Klasse sieben bis neun am Lübzer Eldenburg-Gymnasium seit Schuljahresbeginn immer mittwochs. Das EGL, das bekanntermaßen Ganztagsschule ist und so neben den normalen Fächern Kurse anbietet, hat mit Norbert Arning einen ausgemachten Experten am Brett gewinnen können. Immerhin spielt der Münsterländer, der vor einigen Jahren mit seiner Familie nach Vietlübbe zog, für die Schachgemeinschaft Malchow/Waren an Brett 3 in der mecklenburgischen Landesklasse Ost.
Bei seiner ersten Partie war Norbert Arning 14 Jahre. Heute ist er Rentner und nimmt sich gern die Zeit, sein Schachwissen an die junge Generation weiterzugeben, vielleicht sogar sie mit jener Freude zu infizieren, die ihm das Spiel bereitet. „Den Spaß am Spielen halte ich für das Allerwichtigste. Und ich denke, das kann ich auch schaffen.“ Denn so als würde man einen Ball in die Meute werfen, die dann drauf los bolzt, lässt Arning seinen Kursschülern bewusst die lange Leine. „Sie sollen erstmal einfach nur spielen, und dabei dürfen sie auch ihre Fehler machen“, sagt er. Ja, er gehe es langsam an, vermittle das Reglement scheibchenweise und bevorzuge bei der Systematik Endspiele mit wenigen Figuren. Schachuhr, Notation der Züge, Eröffnung, Mittelspiel, Taktik und Strategie baut er ganz allmählich in seinen Kurs ein. Geschichte des Schachspiel und Geschichten zum Schach inklusive.
Früher spielte Norbert Arning viel und gern Fernschach. Gegen Spieler aus den USA, der DDR, dem gesamten Ostblock. Eine Partie gegen den Chef der Waffenindustrie der damaligen UdSSR z.B. habe mehrere Jahre gedauert. „Na klar, die Spielzüge haben wir uns per Post zugeschickt“, erzählt Arning und erinnert sich noch genau an die mit Tesafilm zugeklebten Briefe seines Gegners. Wo sie „feststeckten“, weiß er nicht. Aber über Zug und Gegenzug verstrichen meist mehrere Wochen. Lange bestritt der 66-Jährige im Deutschen Fernschachbund auch Landeskämpfe – dank seiner Elo-Zahl 1950 (Wertungszahl, die die Spielstärke von Schachspielern beschreibt) in der Meisterklasse. Doch seit Schachcomputer mit Elo-Zahlen jenseits der 3000 auf dem Markt sind, reizt ihn das nicht mehr. „Ich nutze Schachprogramme als Trainingshilfe und um meine Partien zu analysieren“, sagt er.
Arning treibt beim Schachkurs am EGL nicht der Ehrgeiz, einen nächsten Karpov zu entdecken. „Vielmehr finde ich, dass Schach als Schulfach nicht von Nachteil ist“, sagt er und unterstreicht, was Studien belegen. Nämlich, dass Schachspielen positive Fähigkeiten wie Konzentration, Ausdauer, Vorstellungsvermögen, aber auch Vorausberechnung, logisches Denken, Entscheidungsfähigkeit und Urteilsvermögen trainiert und fördert. „Schach schlägt Computerspiele und viele andere Freizeitbeschäftigungen in vielerlei Hinsicht um Längen. Trotzdem möchte ich in meinem Kurs keine Schachfanatiker erziehen“, so der engagierte Coach.