13. Juni 2018

KZ-Überlebender in der Schule (svz-13-06-2018)

Lübzer Gymnasiasten in bewegendem Gespräch mit dem 93-jährigen Prof. Dr. Alexander Fried und seiner Frau Dorothea
„Das Glück ist immer genau jetzt!“: KZ-Überlebender Prof. Dr. Alexander Fried und seine Frau Dorothea beim Besuch des Eldenburg-Gymnasiums in Lübz Jule Brendemühl

„Das Glück ist immer genau jetzt!“: KZ-Überlebender Prof. Dr. Alexander Fried und seine Frau Dorothea beim Besuch des Eldenburg-Gymnasiums in Lübz Jule Brendemühl

Prof. Dr. Alexander Fried war während der Naziherrschaft in mehreren Konzentrationslagern inhaftiert. Sein unglaubliches Glück, das Marthyrium überlebt zu haben, beschreibt der heute 93-Jährige selbst so: „Durch 20 Wunder wurde ich jedes Mal vor dem sicheren Tod gerettet.“ Vor ein paar Tagen war er mit seiner Frau Dorothea im Eldenburg-Gymnasium zu Gast, um den gespannt wartenden Schülern aus ihrem Leben während des Holocausts zu berichten.

Geboren wurde Prof. Dr. Fried 1925 in einer jüdischen Familie in der ehemaligen Tschechoslowakei. Seine Kindheit war unbeschwert, Juden und Christen lebten harmonisch zusammen und nichts deutete darauf hin, wieviel Leid der junge Mann noch erfahren sollte. „Ich war ein glückliches Kind“, betonte Prof. Dr. Fried mehrmals, als er von seiner Kindheit erzählte. Besonders, wenn sich der Besucher an seine Mutter erinnerte, die er während des Holocausts verloren hatte, sah man ein Lächeln und gleichzeitig tiefe Traurigkeit im Gesicht. Seine Frau, ebenfalls Holocaust-Überlebende, unterstützte ihn dabei, von seinem Leben zu erzählen, so dass die Schüler und Lehrer das Schicksal verfolgen und sich vorstellen konnten. Die Zehntklässlerinnen und Zehntklässler sowie viele Lehrer und andere interessierte Zuhörer hörten der Biografie aufmerksam und mitfühlend zu.

Als sich der Nationalsozialismus ausbreitete, wurden die Juden nach und nach ausgegrenzt und die Familie 1942 nach Auschwitz deportiert. Alexander und sein Bruder konnten zwar entkommen, mussten die Mutter jedoch im Deportationslager zurücklassen. Später lebte er getarnt in einer christlichen Familie, wurde jedoch entlarvt und deportiert. Prof. Dr. Fried, 1945 auf dem Todesmarsch bei Crivitz befreit, berichtete von der täglichen Todesangst im KZ. Seine Fitness und Athletik halfen ihm in dieser Zeit sehr, schwere Arbeit und Hunger zu ertragen. Aber er verlor durch grundloses Morden seine Familie und viele Freunde. „Jeder Mensch ist frei geboren“, sagt Prof. Dr. Fried und niemand habe das Recht gehabt, ihm diese geliebten Menschen zu nehmen. Der Referent beschrieb seine Eindrücke aus den Konzentrationslagern und die tiefen Gefühle, die er bei den schrecklichen Anblicken und Erlebnissen verspürte, oft sehr detailliert. Während der Erzählungen wurde er selbst oft sehr emotional und fing manchmal auch an zu weinen, was bei vielen Zuhörern ebenfalls für Tränen sorgte. Dies sei nicht schlimm.

Prof. Dr. Fried ist es wichtig, die heutige Generation über die Geschehnisse von damals aufzuklären. Sie trage zwar nicht die Schuld an den Verbrechen von damals, jedoch unweigerlich die Verantwortung dafür, dass so etwas nie wieder passiert. Jeden Menschen akzeptiere Prof. Dr. so, wie er sei und das sollten auch alle anderen tun.

Während des Gesprächs bezog er sich auch immer wieder auf Psalmen aus der Thora und die Macht Gottes, die ihn, wie er sagt, gerettet habe. Jedoch stellt auch er sich die Frage, wo Gott gewesen sei, als Millionen Juden sterben mussten.

„Ich bin ein glücklicher Mensch“ – die erstaunliche Aussage eines Mannes mit solch einer Lebensgeschichte. Nach allem hat er einen Weg gefunden, das Leben weiterzuleben, ohne das Geschehene je zu vergessen. Einige Erinnerungen bereiten ihm noch heute, 75 Jahre danach, schlaflose Nächte. Dennoch saß im Atrium ein 93-jähriger, fitter und lebensfroher Mann, der es sich selbst zur Aufgabe gemacht hat, zu lehren. Er spricht zehn Sprachen, lebte in Österreich und Kanada, heute in Bayern und Prag, lehrte an Universitäten, ist Vater und Großvater. Prof. Dr. Fried hat über seine Biografie auch ein Buch mit dem Titel „Dos pintele jid. Leben und Überleben eines slowakischen Juden im 20. Jahrhundert“ veröffentlicht.

Nach dem Gespräch stellten die Schüler noch Fragen, die ihr Besucher mit großer Freude und so detailliert wie nur möglich beantwortete. Er konnte kaum ein Ende finden, seine Gedanken mitzuteilen, fand letztlich jedoch ein gutes Schlusswort: „Denkt immer daran: Das Glück ist immer genau jetzt!“

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