20. Juni 2013

“Ich bin hier geboren, genau wie ihr!” (Quelle: SVZ)

Ausgrenzung und Ausländerfeindlichkeit: Das sind einige Motive aus dem Theaterstück "Unter uns" - aufgeführt von Schülern des Eldenburg-Gymnasiums. sabrina panknin

Sie steht abseits, das grüne Tuch fest um den Kopf gewickelt, so dass ihre Haare nicht zu sehen sind. Neugierig schauen sie die anderen Mädchen auf dem Schulhof an. Tuscheln, einige von ihnen betrachten sie von oben herab. Sie ist die Neue in der Klasse, die Außenseiterin, denn sie heißt Sibel Ötztürk. Die Arme vor ihrem Körper verschränkt schaut Sibel auf den Fußboden, betrachtet die anderen kaum, eingeschüchtert folgt sie den anderen nach dem Stundenklingeln ins Klassenzimmer. Dann trauen sich drei Mädchen aus der Klasse und bitten Sibel zu sich an den Tisch. Paula, Mia und Pia wagen den ersten Schritt und gehen auf Sibel zu. Casha, Chantal, Tamina und Kaila reden weiter, mit Vorurteilen behaftet, lästern sie über Sibel und ihr Kopftuch. “Diese Fummel machen mich einfach wahnsinnig”, sagt Chantal. Aber Sibel weiß sich zu helfen. “Ich bin hier geboren, genau wie ihr!”

Werden im Theaterstück keine Freundinnen mehr: Sibel Ötztürk, gespielt von Ruth Schwandt...

Das Theaterstück “Unter uns”, aufgeführt im Atrium des Eldenburg-Gymnasiums Lübz, spricht ein brisantes Thema an: Intoleranz und Fremdenfeindlichkeit. Schüler der siebten und achten Klasse haben sich diesem Thema gewidmet, während des Ganztagsschulprogramms im Bereich Darstellendes Spiel. Lehrerin Angela Roloff und Frauke Ditschuneit vom Mecklenburgischen Landestheater Parchim haben die Mädchen und Jungen dabei unterstützt. “Der Förderverein des Theaters ,Spot an e.V.’ sponsort dieses Projekt und deshalb konnte ich den Schülern helfend beistehen”, erklärt Frauke Ditschuneit. Schon im ersten Teil, der unter dem Motto “Multi Kulti – wer ist dein Gott?” stand, haben sich die Gymnasiasten mit dem Thema Religion beschäftigt. Im zweiten Teil “Give Peace a Chance (dt. Gib Frieden eine Chance) haben die Jugendlichen das Theaterstück “Unter uns” gemeinsam mit Angela Roloff und Frauke Ditschuneit erarbeitet. Die Schüler setzen damit ein weiteres Zeichen gegen Rechtsextremismus und kommen ihrem Ziel, das Zertifikat “Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage” zu erlangen, wieder einem Stückchen näher.

...und Chantal gespielt von Maike Walker. Im Stück "Unter uns" bleibt sie gegenüber Sibel intolerant.

Das Blatt wendet sich: Ganz in schwarz gekleidet stehen sie am Rand der Bühne. Casha und Chantal sind übrig geblieben, die anderen haben mit ihren Vorurteilen gegenüber Sibel aufgeräumt. Einzig und allein sind nun Casha und Chantal die Außenseiterinnen. Sibel hat Freundinnen gefunden, sogar Tamina und Kaila haben sich zu ihr gesellt, weil sie erkannt haben, dass ihre Vorurteile alles andere als wahr sind. Nach dem Stück liefern die Schüler noch ein paar wichtige Daten: 1,4 Millionen Deutsche sind mit ausländischen Partnern verheiratet, 228 Spieler der Fußball-Bundesliga-Saison 2011/12 waren Ausländer, in der Gastronomie ist jeder fünfte Mitarbeiter aus dem Ausland, ohne ihre Mitarbeit würde der Sektor zusammenbrechen. Im Chor stimmen die Schüler die alles entscheidende Frage an: “Was wäre Deutschland ohne Ausländer?” Diese Frage muss jeder für sich selbst beantworten. “Unsere Jugendlichen haben verstanden, was Intoleranz bedeutet. Doch wir alle können etwas tun. Tragen Sie mit uns bei, dass wir alle toleranter und vernünftiger werden”, appelliert Lehrerin Angela Roloff an das Publikum.

Weiße Blätter mit Zitaten zieren den Fußboden des Atriums im Eldenburg-Gymnasium: “Nicht die verschiedenen Glaubensrichtungen dividieren die Menschen auseinander, sondern Intoleranz und eindimensionales Denken”, schreibt Personal Coach Elmar Schulz. Das ist nur ein Zitat von insgesamt zehn, die die Zuschauer an diesem Abend zu ihrem Platz begleiten. Wie das Theatertsück sollen auch sie Denkanstöße geben. “Wie dieses Thema in der Gesellschaft angenommen wird, ist heute Abend vielleicht auch an der Besucherzahl zu erkennen. Wenn wir alle darüber ein bisschen nachdenken, was die Schüler hier an Denkanstößen gegeben haben, dann haben wir doch ein bisschen was erreicht”, sagt Angela Roloff abschließend.

 

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