15. Juli 2015

Grenzradtour mit Halt in Vockfey (svz 13-07-15)

Radler auf Tour entlang der ehemaligen innerdeutschen Grenze besuchten Gedenkstätte zur Erinnerung an Zwangsaussiedlungen
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Die Radfahrer legten einen Zwischenstopp in Vockfey ein, um sich von Buchautorin Karin Toben die Geschichte der Zwangsaussiedlungen von 1952 und 1961 erzählen zu lassen.
Foto: Thilo Röpcke

„Diese Radtour ist für mich sehr hilfreich, die Geschichte der Teilung beider deutschen Staaten bis zur Wiedervereinigung erlebbarer zu machen.“ Das sagte die erst 17-jährige Henriette Strosche am vergangenen Sonnabend in der Gedenkstätte zur Erinnerung an die Zwangsaussiedlungen an der ehemaligen innerdeutschen Grenze in Vockfey.

Gemeinsam mit 26 anderen jugendlichen und erwachsenen Geschichtsinteressierten aus Hagenow, Lübz und Dorf Mecklenburg brach die Gymnasiastin am 8. Juli an der Grenzdokumentationsstätte in Schlutup auf, um auf den Spuren der deutschen Teilung geschichtsträchtige Orte mit dem Fahrrad zu erkunden. Am Sonnabendnachmittag legten die Radler einen Zwischenstopp in Vockfey ein, um sich von Buchautorin Karin Toben die Geschichte der Zwangsaussiedlungen von 1952 und 1961 erzählen zu lassen.

Die Autorin und ehemalige Journalistin der Deutschen Presseagentur erinnerte die Tourteilnehmer an den Sommer des Jahres 1952. Ländlicher Friede lag über den Wiesen und Feldern in Vockfey. Handwerker, Fischer und Bauern gingen ihrem gewohnten Tagewerk nach. Im Juni 1952 begann dann der Anfang vom Ende der lebendigen Dorfgemeinschaft. Die DDR-Staatsführung hatte die erste von zwei großen Zwangsaussiedlungen beschlossen. Nicht staatstreue Bürger mussten innerhalb von 24 bis 48 Stunden ihre Heimat verlassen. Ohne jegliche Erklärungen und Angabe von Gründen sowie ohne Nennung des Fahrziels wurde der Hausrat auf Lastwagen verladen, wobei das Vieh zurückgelassen werden musste. Dieses sollte später in die allgemeine Bewirtschaftung der Landwirtschaftlichen Produktionsgenossenschaft (LPG) eingegliedert werden.

Die Denkpyramide aus den zwangsweise abgerissenen Häusern

Die Denkpyramide aus den zwangsweise abgerissenen Häusern

Laut Befehl Nr. 38/52 vom 26. Mai 1952 sollten aus dem Bereich der Sperrzone an der Demarkationslinie Personen, die wegen „ihrer Stellung in und zu der Gesellschaft eine Gefährdung der antifaschistisch demokratischen Ordnung darstellen“, ausgewiesen werden. In der menschenverachtenden Aktion „Ungeziefer“ hat der DDR-Staat seine im Grenzgebiet nicht erwünschten Bürger in Richtung Ost-Mecklenburg, in die Kreise Güstrow, Malchin, Sternberg, Teterow und Waren verschoben. Ihnen wurde zugemutet, in verwahrlosten Zimmern auf verlassenen Höfen und Gütern ein neues Leben anzufangen. Wiedergesehen haben die Vertriebenen ihre Heimat meist erst nach der Wende, wenn sie nicht schon vorher an Kummer und Gram gestorben sind. Die zweite Aktion folgte dann 1961, später weitere Einzelaussiedlungen.

„Vielen Dank an die Initiative, mit dieser beeindruckenden Gedenkstätte gegen das Vergessen und Verdrängen erfolgreich anzukämpfen“, ist nur einer von vielen Einträgen im Gästebuch der Vockfeyer Gedenkstätte, die im Jahr 2006 von Karin Toben initiiert wurde.

Nach den beeindruckenden Erzählungen über die Geschichte der Zwangsaussiedlungen in Vockfey setzten die Radler ihre Tour in Richtung Hitzacker fort. Am gestrigen Sonntag endete die Radtour in Dömitz.

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