12. November 2013

„Die Welt mit anderem Herzen sehen“ – Thementag des Religionskurses des Lübzer Gymnasiums im MediClin Krankenhaus Plau/Quetzin

Leichte Anspannung liegt am 29. Oktober in der Luft. Was hab ich schon mit Organspende zu tun? Weit weg, nicht mein Ding, da weiß ich zu wenig darüber, Angst?! Und wenn ich irgendwann selber mal ein Organ brauche? Soll ich auch spenden? Muss ich spenden? Ab wann darf ich darüber bestimmen? Gibt es die Gefahr des Missbrauchs? Und was, wenn ich das nicht mehr selbst bestimmen kann? Wer entscheidet? Wie soll ich handeln?

Ähnliche Fragen führten auch dieses Jahr die Schüler des Religionskurses der Klasse 12 in die Neurochirurgie des MediClin Krankenhauses nach Plau. Wie jedes Jahr standen schwierige ethische Fragestellungen im Focus des Oberstufenunterrichts, und wo kann man sich diesen besser nähern als bei Spezialisten vor Ort?

Ein straffes Programm erwartete die Lübzer Gymnasiasten an diesem Tag. In einem eigens vorbereiteten Konferenzraum begrüßte uns der leitende Oberarzt Herr Dr. Schroers auf der Früh-Reha und führte mit einem Impulsvortrag in den Thementag ein. Er informierte mit vielen gelungenen Querbezügen über die Wurzeln der Neurochirurgie in Deutschland und Europa, die historischen Verbindungen zur Plauer Klinik sowie die Bedeutung des Klinikstandortes im gesamtdeutschen Kontext. Die Gymnasiasten erfuhren zudem, welche Patientengruppen in Plau behandelt werden, welche Möglichkeiten aber auch Grenzen die Neurochirurgie/die Frührehabilitation haben und er gab uns einen Einblick in sein Tätigkeitsfeld als Arzt.

Ebenso gespannt lauschten die Zwölftklässler den Ausführungen zu den ethischen Fragen, das Lebensende betreffend, aus ärztlicher Perspektive. Welche Möglichkeiten bietet eine intensivmedizinische Behandlung? Was kann Apparatemedizin leisten? Was nicht? Wer darf wann Maßnahmen abbrechen und wer darf dies entscheiden? Wie verbindlich sind Patientenverfügungen? Was, wenn es keine gibt? Was ist würdevolles Sterben? Welche rechtlichen Rahmenbedingungen begleiten den ärztlichen Alltag? Wann ist ein Mensch tot, wie wird der Hirntod diagnostiziert und was hat dies mit Organspende zu tun? Fragen, über die es sich nachzudenken lohnt, wenn man persönlich überlegt Organe zu spenden, um Leben zu retten.

Einen weiteren wichtigen Input lieferte Frau Preuß von der DSO. Die Schüler erfuhren Strukturelles zum Aufbau, der Organisation und der Rechtsgrundlage der Organspende in Deutschland, welche Kliniken involviert sind, welche Organe benötigt und gespendet werden können. Wie leben Organempfänger nach einer Transplantation? Darf es Kontakt zur Spenderfamilie geben oder nicht? Gibt es neben medizinischen auch psychosoziale Folgen? Wie gehen Ärzte mit den individuellen Belastungen ihres Berufes um? Viele persönliche Fragen warfen sich auf und wurden von den Ärzten offen und gut verständlich beantwortet.

Nach einer gemeinsamen Stärkung bekamen wir einen Einblick in den Arbeitsalltag der Ärzte, Krankenschwestern und Physiotherapeuten auf verschiedenen Stationen. Besonders eindrucksvoll waren die Gespräche auf der ITS und die Führung auf der Früh-Reha. Beide Seiten wurden somit für uns greifbar. Zum einen, wie mühsam und auch erfolgreich der Weg zurück ins Leben sein kann, aber auch, welche Möglichkeiten und Grenzen in der Apparatemedizin liegen.

Unser besonderer Dank gilt Herrn Professor Dr. Donauer für die uns gebotene Möglichkeit dieses Thema vor Ort besprechen zu können, Herrn Dr. Schroers und seinen Kollegen für die vielen Informationen und die Zeit, die sie sich für uns genommen haben, Frau Thiel für die gelungenen Absprachen sowie allen Krankenschwestern, Pflegern und Physiotherapeuten, die uns an ihrem Arbeitsalltag teilhaben ließen.

Geschafft und mit einer Fülle an Eindrücken und Erlebnissen verließen die Lübzer Gymnasiasten am Nachmittag die Klinik. Ein spannender Tag lag hinter ihnen, neue Einsichten wurden gewonnen. Wie jeder Einzelne in seinem Leben handelt, ob er Organspender wird oder nicht und was er zur Grundlage seines ethischen Urteils macht, bleibt seine Entscheidung in seiner Verantwortung.

Ganz sicher ist jedoch, dass alle Schüler des Kurses nach diesem Tag „die Welt mit anderem Herzen sehen“

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