Den Krieg in Syrien „begraben“ – Theaterkurs am EGL (SVZ 21-06-2017)
Im Rahmen des Ganztagsunterrichts proben Schüler des Lübzer Gymnasiums derzeit ein selbst verfasstes Stück über Syrien
Er rechnet sich weder der Opposition noch der syrischen Regierung zu. Der Französischlehrer Firas Moharram aus Damaskus kennt kein Lagerdenken, er weiß nur eines und sagt es wiederholt und in fehlerfreiem Deutsch: „Wir wollen den Krieg begraben. Wir wollen ihn nicht nur beenden, das kann bedeuten, dass (wie in Deutschland 1., 2. WK / Anm. d. Red.) ein Krieg noch den nächsten zur Folge hat. Nein, wir wollen ihn begraben.“
Der Krieg soll tot sein. Zu den 500 000 Toten, die er bereits gefordert hat, sollen nicht noch mehr Opfer gezählt werden müssen. Ein Wunsch, denn noch zeichnet sich keine Lösung ab. Seit Firas Moharram Ende 2014 nach Deutschland kam, spricht er, auch öffentlich, über Syrien, sein Land. Er spricht darüber, wie es dort war und wie diese Heimat heute vom Krieg gezeichnet ist. So begegnet der 27-Jährige gewiss auch seiner Trauer.
Im Eldenburg Gymnasium absolvierte Firas ein Praktikum. Die Lehrer dieser Schule und Schulleiter Schwarz, sagt er, haben ihn sehr unterstützt, hier hat er seine Deutschkenntnisse verbessert, Kontakt auch zur SoR-Gruppe aufgenommen. So reifte schließlich der Plan, das aktuell einzustudierende Theaterstück 2017 im Rahmen des Ganztagsunterrichts in diesem Jahr mit Firas gemeinsam auf die Bühne zu stellen. Thema: der Syrien-Krieg. Firas spielt mit und hat außerdem seine authentische Sicht auf die Entstehung des Kriegs in das Stück eingebracht. Kinder, man mag es kaum glauben, spielten für den Beginn der Unruhen in Syrien eine nicht unerhebliche Rolle…
Deutschlehrerin Angela Roloff führt wieder Regie, in diesem Jahr gemeinsam mit ihrer Kollegin Maria Hansekowski. Vergangenen Freitag war bereits Generalprobe und, auch wenn es noch einige Unterbrechungen gab, die Szenen, Erzählpassagen und eingestreuten musikalischen Einlagen hinterließen tiefen Eindruck. Zunächst zeigen die Beteiligten streiflichtartig, wie es in Syrien vor dem Krieg politisch zuging. Zwar gab es von Staats wegen Gleichberechtigung der Geschlechter und die Akzeptanz verschiedener Religionen, aber auch soziale Ungleichheit und Korruption. Vor allem aber – und das Stück führt dies exemplarisch vor – einen totalitären Anspruch der Regierung auf die Macht. In einer Unterrichtsszene wird gezeigt, wie absoluter Gehorsam gegenüber dem Assad-Regime durch willfährige Lehrer bereits in den Schulklassen eingehämmert wird. Die Schüler aber wehren sich, wollen über Freiheit und kritische Meinungsäußerung reden. Dies nun führt im Stück dazu, dass Kinder und Jugendliche vor die Vollzugsorgane geschleppt, zu Terroristen erklärt und in „Gewahrsam“ genommen werden. Jetzt beginnen die Unruhen. Eltern fordern die Freilassung ihrer Kinder, der Protest organisiert sich.
Gegen Ende ihres Stücks spielen die Schüler auf ihre Art UN-Sicherheitsrat, demonstrieren so den weltpolitischen Widerspruch, der sich im Abstimmungsverhalten der Vetomächte widerspiegelt. Am Ende singen drei Schülerinnen von der Galerie herunter „Imagine“ von John Lennon.
„Ja zum Leben“ ist der Titel des Stücks. Das Theater-Team freut sich auf reichen Zustrom zur Premiere am 30. Juni, 19 Uhr, im Atrium des Eldenburg-Gymnasiums in Lübz.