Debatte – Verbaler Schlagabtausch im Lübzer Klassenzimmer (SVZ-online)
vom 18. Januar 2014 – Aus der Redaktion der Zeitung für Lübz – Goldberg – Plau
Vier Schüler vertreten das Eldenburg-Gymnasium Lübz beim Regionalausscheid von „Jugend debattiert“, der dieses Jahr Ende Januar wieder einmal in Schwerin stattfindet
Gespannt sitzen sich die Kontrahenten gegenüber. Der eine lauert auf den anderen, wartet, was er sagen wird. Dann gibt es von Lehrerin Angela Roloff vom Eldenburg-Gymnasium Lübz das Startsignal. Die Rückrunde von „Jugend debattiert“ startet. Mit dabei sind Kimberly Wickborn, Lasse Kühl, Steven Siebert und Alexander Riedel in der Sekundarstufe-II. Die Zeit läuft. Kimberly Wickborn dreht an ihrem Stecker am rechten Ohr, während sie ihre Eröffnungsrede hält. Ihre Haare sind zu einem Zopf zusammengebunden. Vor ihr liegen weiße Blätter mit Notizen. Ein schwieriges Thema, zu dem sie in diesem Jahr Stellung beziehen muss: Sollen Lehrer zu schulischen Zwecken mit ihren Schülern nicht mehr auf sozialen Netzwerken kommunizieren dürfen? Sachlich, mit viel Fachkenntnis definiert die 17-jährige Abiturientin das Thema, bezieht klar Stellung, spricht sich – gemäß der Vorgabe als Pro-I-Rednerin – für ein grundsätzliches Verbot aus. „Ich persönlich möchte nicht mit meinem Lehrer auf facebook befreundet sein. Ich spreche mich klar dafür aus, dass Lehrer mit ihren Schülern nicht in sozialen Netzwerken kommunizieren sollten“, erklärt Kimberly Wickborn.
Ganz anders dagegen Steven Siebert. Der 16-Jährige ist der Contra-I-Redner und nimmt im Anschluss an Kimberlys Rede Bezug auf ihre Argumente. Er spricht leise, ruhig und bedacht. Wählt seine Worte gezielt aus. Denn darauf kommt es bei Jugend debattiert an. Die Debattanten werden beobachtet – mit Argusaugen – von drei Jurymitgliedern. Diese achten auf SAGÜ – Sachkenntnis, Ausdrucksvermögen, Gesprächsfähigkeit und Überzeugungskraft – und vergeben anschließend Punkte, von eins bis fünf, wobei fünf die höchste Punktzahl ist. Nach der zweiminütigen Einführungsrede des Pro-I-Redners kommt dann der verbale Schlagabtausch im Klassenzimmer. So auch im Raum 219. Kimberly Wickborn und Lasse Kühl haben ihre Positionen klar gemacht. Sie beide sind strikt gegen einen Kontakt von Lehrern und Schülern in sozialen Netzwerken. „Dafür gibt es schließlich Lo-Net“, erläutert Lasse Kühl. Der 17-jährige Schüler geht aber noch weiter. „Irgendwann sollten Lehrer auch mal Freizeit haben und nicht auch noch über facebook von ihren Schülern am Abend gestört werden.“ Das sagt er nicht nur für seine Debatte, das meint er auch so. „Meine Mutter ist selbst Lehrerin. Sie wird häufiger am Abend noch von Schülern kontaktiert. Doch bei facebook sollte das auf jeden Fall getrennt sein“, erläutert der Gymnasiast.
Ganz anders sehen dies ihre Kontrahenten Steven Siebert und Alexander Riedel. Sie erkennen in facebook ein gutes Mittel, um kommunizieren zu können und um schnell noch mal – außerhalb der Schule – beim Lehrer etwas nachzufragen.
Der Zeitnehmer nimmt die Glocke in die Hand, das Zeichen, dass die Debattanten zum Ende kommen müssen. Gesagt, getan. Jetzt kommt die Beurteilung. Eine gute Debatte, viele Argumente, starke wie weniger starke wurden gehört. Wer von den vier Schülern in die Finalrunde am Nachmittag kommt, das bleibt erst einmal noch geheim.
In der Sekundarstufe I haben es an diesem Tag von Jugend debattiert im Lübzer EGL Christin Kücken und Julia Schönrock geschafft. Sie treten als Pro-I und Pro-II-Debattantinnen gegen ihre Kontrahentinnen Maike Walker und Lea Schneider an. Sie diskutieren in der Finalrunde zum Thema: Sollen sich Jugendliche ab 16 Jahren auch ohne ausdrückliche Einwilligung der Eltern piercen lassen dürfen? Als Siegerinnen gehen Lea Schneider und Christin Kücken aus dieser Debatte hervor. Sie werden das Eldenburg-Gymnasium in der Sekundarstufe I beim Regionalausscheid in Schwerin vertreten.
Gespannt warten alle auf das zweite Finale. Dieses Mal trägt sie die Haare offen: Kimberly Wickborn bestreitet nach einer überzeugenden Vorrunde auch die Finalrunde zum Thema: Soll in Deutschland der Besitz und Konsum von Cannabis für den Eigenbedarf völlig freigegeben werden? Die Debattanten der Sekundarstufe II, Kimberly Wickborn, Dunja Krachenfels, Philipp Huss und Kristof Bockholdt, werfen sich gegenseitig die Bälle zu – sinnbildlich. Die Debatte nimmt an Fahrt auf. Immer wieder gibt es von Pro- wie Contraseite gute Argumente für und gegen die Legalisierung von Cannabis. Dann ertönt wieder die Glocke. Auch diese Debatte geht zu Ende. Die Jury zieht sich zurück, muss jetzt entscheiden, wer von den vier Debattanten das EGL in Schwerin beim Regionalausscheid in der Sekundarstufe II vertritt. Keine leichte Aufgabe. Dann steht das Ergebnis endlich fest. Die Punkte sind vergeben.
Mit nach Schwerin reisen neben Lea Schneider und Christin Kücken auch Philipp Huss, als Zweitplatzierter, und Kimberly Wickborn, die sich dieses Jahr den ersten Platz sichert. „Ich finde es erstaunlich, wie du dich entwickelt hast“, führt Angela Roloff über Kimberly aus. „Ich habe dich mal überreden müssen, bei Jugend debattiert mitzumachen und jetzt machst du das alles wie selbstverständlich“, geht das Lob von Angela Roloff weiter.
Kimberly Wickborn freut sich über ihren Sieg. Doch jetzt hat sie eine Menge mehr zu stemmen. Schließlich macht sie in diesem Jahr auch ihr Abitur am Eldenburg-Gymnasium Lübz. „Ich lerne bereits für die Klausuren. Und werde mich jetzt auch parallel auf den Regionalausscheid vorbereiten müssen“, erzählt die Gymnasiastin nach ihrem Sieg.
Schon in wenigen Wochen wird die 17-jährige Lübzerin wieder antreten müssen. Genauso wie ihre Mitstreiter Philipp Huss, Lea Schneider und Christin Kücken. Dann reisen sie gemeinsam nach Schwerin und dann heißt es auch wieder: Verbaler Schlagabtausch im Klassenzimmer bei Jugend debattiert.
von SAPA
erstellt am 18.Jan.2014 | 12:00 Uhr