7. März 2011

Auf Fontane-Spuren im Klosterdorf

Gabriele Liebenow blättert im Jahrgang 1910 der "Gartenlaube", den sie für den Freundeskreis erstanden hat. Hier entdeckte sie die Geschichte "Der Klosterkater" von Gertrud von Le Fort. Der Dobbertiner Bezug ist unverkennbar.Christiane Großmann

Die literarische Landkarte in Mecklenburg-Vorpommern führt uns auch zum Klosterdorf am Dobbertiner See: Hier pflegt seit nunmehr drei Jahren eine kleine Handvoll unermüdlicher Enthusiasten das Erbe des großen Romanciers des 19. Jahrhunderts, Theodor Fontane (1819 – 1898). Am 9. Februar 2008 gegründet, gehört der Theodor-Fontane-Freundeskreis MV – Kloster Dobbertin zwar zu den jüngsten Sektionen in der international aktiven Fontane-Gesellschaft. Doch drei von ihm in der Reihe “Dobbertiner Manuskripte” herausgegebene Publikationen lassen bereits jetzt aufhorchen. So lädt auch die im vergangenen Jahr erschienene Festschrift von Horst Alsleben unter redaktioneller Mitarbeit von Gabriele Liebenow zum 200. Geburtstag der langjährigen engen Freundin und Vertrauten des märkischen Dichters, Mathilde von Rohr, dazu ein, sich der Spurensuche anzuschließen. “Das Kloster Dobbertin gilt als einer der wenigen Orte, die sich noch in derselben Gestalt präsentieren, wie sie der märkische Dichter erlebt, gekannt und gemocht hat. Fast alle Lebens- und Wirkungsstätten Fontanes sind Kriegen zum Opfer gefallen. Man muss heute schon weit fahren, um überhaupt so einen ursprünglichen Ort besuchen zu können”, hebt Gabriele Liebenow, Sprecherin des Freundeskreises, den besonderen Stellenwert des Klosters hervor.

Brigitte Birnbaum im Gespräch mit Lübzer Schülern

Lange Wege sind Literaturfreunde u. a. aus Hamburg, Berlin, Rostock oder Doberan gern bereit, auf sich zu nehmen, um den Veranstaltungen im Refektorium oder Konventsaal des Klosters beiwohnen zu können. Etwa mit Dr. Gotthard Erler aus Berlin, jahrzehntelang in führender Position beim Aufbau Verlag tätig, einer der Fontane-Experten schlechthin. “Einfach toll, wie es ihm gelang, uns Zuhörer anzuregen, sich schmunzelnd an Fontane-Lektüre zu erinnern, bisher Unbekanntes zu erfahren und Bekanntes im anderen Zusammenhang neu zu sehen”, ist Gabriele Liebenow dieser Vortrag noch in lebhafter Erinnerung. Am 9. Juli dieses Jahres wird Dr. Erler ein weiteres Mal zu Gast im Freundeskreis sein: Dann widmet er sich dem Thema “Frauen und Frauenbilder bei Theodor Fontane”. “Unser Programm für 2011 umfasst eine recht breite Vielfalt von Themen und Aktivitäten, um möglichst für jeden Geschmack etwas bereitzuhalten”, stimmt Gabriele Liebenow auf die kommenden Monate ein. Mit Dr. Regina Dieterle aus Zürich sagte sogar die Vorsitzende der Theodor-Fontane-Gesellschaft höchst selbst für einen Vortrag zu. Die Mete Fontane-Biografin wird im November erwartet.

Der Freundeskreis übernimmt in diesem Jahr erstmals auch die Rolle des Gastgebers: Interessenten aus der ganzen Welt, die ihre Jahrestagung der Fontane-Gesellschaft in Neuruppin abhalten, planen für den 14. Mai eine Exkursion nach Dobbertin. Bereits am 7. April haben sich Schülerinnen und Schüler des Eldenburg-Gymnasiums Lübz an diesem authentischen Ort zu einer Gesprächsrunde mit der Schriftstellerin Brigitte Birnbaum verabredet, frei nach dem Motto: Fontane trifft Jugend! Gabriele Liebenow, im “ersten Arbeitsleben” Deutschlehrerin, muss schmunzeln: “Als Schülerin mochte ich Fontane nicht. Ich konnte zum Beispiel nie verstehen, warum er Effi Briest hat sterben lassen.” Erst die ausführliche Beschäftigung mit seiner Vita, seinen Grundüberzeugungen habe ihr einen völlig neuen Zugang ermöglicht, nachdem sie eines Tages regelrecht über Fontane “gestolpert” ist: Als Mitarbeiterin des gemeinnützigen Diakoniewerkes Kloster Dobbertin wollte sie einfach mehr über die fast 800-jährige Geschichte der Anlage wissen. Da führte natürlich kein Weg an der berühmtesten Bewohnerin Mathilde von Rohr vorbei, die hier von 1869 bis zu ihrem Tod 1889 als Konventualin im adligen Damenstift lebte. Fontane hat seine engste Freundin, Vertraute, Ratgeberin hier seit 1870 mehrfach besucht und viele Dobbertiner Eindrücke in seinen Werken einfließen lassen.

Spannender, faszinierender Ausgleich zur Arbeit

Heute ist Gabriele Liebenow sogar bereit, dem märkischen Dichter kostbare Nachtstunden zu opfern, etwa wenn sie für die Dobbertiner Manuskripte zuarbeitet, Veranstaltungen rezensiert oder ihr wieder eine neue Quelle in die Hände gefallen ist. Fontanes Freude an der Sprache, dessen Feinfühligkeit, seine leise Ironie, ebenso wie seine Sympathie für bestimmte Figuren, die er gestaltet hat, ja, auch seine Gradlinigkeit faszinieren sie immer wieder aufs Neue. Nicht mehr los lassen Gabriele Liebenow die Briefe Fontanes an seine Vertraute Mathilde von Rohr, die den Dichter auch mit vielen klugen Anregungen und Ideen in seiner Arbeit beflügelte. Mehr als 237 mehrseitige, häufig mit der Schwanenfeder geschriebene Briefe sind erhalten geblieben. “Das ist so spannend, so faszinierend. Es ist mein Ausgleich zur Arbeit”, gesteht Gabriele Liebenow, die in Parchim eine Einrichtung der freien Jugendhilfe leitet. “Man kann sich Fontane auf ganz unterschiedliche Weise nähern. Fontane ist wie ein guter Wein”, deutet Gabriele Liebenow an, dass sich die eigenen Vorlieben, was den bevorzugten Wein betrifft, im Laufe des Lebens ja oft ändern. Manchmal betrifft das eben auch den literarischen Geschmack. Im Gegensatz zum Wein darf man Fontane sogar als Hörbuch während der Autofahrt genießen: “Das ist großartig.” Lernte Gabriele Liebenow auf diese Weise doch schon viele begnadete Vorleser kennen.

Quelle: Schweriner Volkszeitung

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