Einst Grundschul-, heute Hochschullehrer: Prof. Dr. Klaus Zierer von der Universität Augsburg sieht in John Hattie die Chance für guten Unterricht
Lübz/Augsburg
Mit einem lachenden und weinenden Auge hat sich Prof. Dr. Klaus Zierer vor einigen Jahren aus dem Schuldienst verabschiedet. Er selbst war Grundschullehrer, hat einige – wenige Jahre – im Schuldienst gearbeitet. „Die Arbeit mit Kindern bringt unheimlich viel Spaß“, sagt er. Doch mittlerweile forscht Klaus Zierer – viel mehr als vorher. Früh hat er promoviert, schnell die Habilitation gemacht. Heute steht Klaus Zierer vor Studenten im Hörsaal. „Erwachsene zu unterrichten, ist etwas ganz anderes als Kinder.“ Spaß bringt es ihm dennoch.
Mit John Hattie pflegt er engen Kontakt. Als er die Studie über das Visible Learning in seine Hände bekommt, überlegt er nicht lange. „Ich habe noch am selben Tag mit dem Fischer-Verlag telefoniert und gesagt, wir müssen das ins Deutsche übersetzen.“ Gesagt, getan. John Hattie hält Einzug in Deutschland. Mit dem damaligen Bildungsminister von Mecklenburg-Vorpommern, Mathias Brodkorb, arbeitet Klaus Zierer ebenfalls eng zusammen. „Ich war begeistert, wie ernst Mathias Brodkorb die Studie genommen hat. Er hat sich explizit mit Hattie auseinander gesetzt“, erzählt Klaus Zierer im Eldenburg-Gymnasium. Herausgekommen ist das Buch „Hattie für gestresste Lehrer“. Darin enthalten die wichtigsten Botschaften, Kernaussagen aus John Hatties Studie. Und Ratschläge, Handlungsempfehlungen für Lehrer. Kurz und kompakt auf 130 Seiten.
Eine Frage der Haltung
Immer wieder wird diskutiert, wie Schule, wie Lehrer sein müssen. „Pisa und Co. bewirken an der Basis sehr wenig“, erklärt Klaus Zierer. Für ihn – und das ist die Quintessenz aus Hatties Studie – geht es um die Lehrperson. „Schule ist keine Einbahnstraße, sondern ein Dialog zwischen Lehrern und Schüler gleichermaßen“, verdeutlicht Klaus Zierer. Der Kern von gutem Unterricht ist der Lehrer. „Es geht um die Haltung, um die innere Einstellung. Kurz gesagt: Kenne deinen Einfluss.“ So heißt es bei John Hattie.Über Lernen ins Gespräch kommen, das versucht auch Torsten Schwarz am Eldenburg-Gymnasium Lübz umzusetzen. Seit einigen Jahren schon praktiziert der Schulleiter die sogenannte „Feedback“-Kultur am Gymnasium. „Wir werden auch bewertet, nicht benotet. Aber unsere Schüler geben uns Feedback, wie der Unterricht gewesen ist. Guten Unterricht zu machen, ist doch der Kern von Schule“, verdeutlicht Torsten Schwarz. An diesem Punkt trifft Torsten Schwarz bei Klaus Zierer ins Schwarze. „Wir müssen immer wieder diese Reflexion ansteuern. Sich selbst in Frage stellen – auch als Lehrer – ist schwierig. John Hattie kann dabei helfen“, erläutert der Hochschuldozent aus Augsburg.Mit der „Methode Schwarz“ ist Lübz’ Schulleiter seit einigen Jahren erfolgreich unterwegs. Nicht ohne Grund wurde Torsten Schwarz vor mehr als zwei Jahren zum Lehrer des Jahres gewählt. Das honoriert auch Torsten Kröll vom Schulamt Schwerin. „Das Eldenburg-Gymnasium Lübz ist schon besonders. Das Gymnasium hat sich auf seine Fahne geschrieben, Schule für Schüler zu machen“, sagt Torsten Kröll. Das geht nicht allein. Deshalb nimmt Torsten Schwarz das komplette Kollegium in die Pflicht. Alle ziehen an einem Strang – jetzt gemeinsam mit Klaus Zierer für besseren Unterricht.
sapa