Inklusionsprojekt: Einfach ist manchmal schwer (SVZ 16-11-2017)
Glückliches Team: Kathleen Ladwig-Skiba (2. von links), Gerd Vorhauer (l.) und die Fotografen und Redakteure präsentieren den Stadtführer, Foto: Frank Düsterhöft
Der „Stadtführer in einfacher Sprache für Jung und Alt” für Lübz und Umgebung wurde vorgestellt.
von Ilja Baatz erstellt am 16.Nov.2017 | 05:00 Uhr
„Lübz hat eine Stadtkirche. Sie wurde im 16. Jahrhundert erbaut. Sie ist in der Altstadt. Die Kirche hat eine Orgel. In der Kirche ist das Grab der Herzogin Sophie.” Einfache Sätze, eine E-Mail-Adresse, ein Ansprechpartner – alles in großer, gut leserlicher Schrift. Dazu ein Foto. Mehr ist auf der Seite 10 des neuen Stadtführers für Lübz und Umgebung nicht zu erfahren. Aber auch nicht weniger.
Genau so soll es jedoch sein. Das berichteten Schüler des Eldenburg-Gymnasiums und Mitarbeiter der Lewitz-Werkstätten den geladenen Gästen während einer kleinen Feierstunde im Bürgerhaus anlässlich der Präsentation der handlichen Broschüre. Es gibt viele Menschen, die nicht so gut lesen können. Sie können ab sofort auf kurze und prägnante Weise die Stadt und ihre Umgebung entdecken und – mit ersten Informationen ausgestattet – selbst auf Tour gehen.
„Die Idee kam uns, nachdem wir in Heidelberg eine derartige Publikation gesehen hatten“, sagt Kathleen Ladwig-Skiba, die das Stadtführer-Projekt seitens der Lewitz-Werkstätten betreut. Als sie auf einer Demonstration zum Erhalt der Südbahn dann den engagierten Lehrer Gerd Vorhauer kennen lernte, wusste sie, dass sie den richtigen Ansprechpartner für dieses spannende Vorhaben gefunden hatte.
Der erfahrene Pädagoge ist noch immer Feuer und Flamme: „Als wir vor über einem Jahr mit dem Projekt begannen, gab es natürlich schon die eine oder andere Schwierigkeit. Das frisch gebildete Team aus vier Schülerinnen der 9. Klasse und den vier Mitarbeitern aus den Lewitz-Werkstätten musste erstmal in einen richtigen Arbeitsrhythmus gelangen. Aber bereits nach ein paar Wochen waren wir eingespielt.“
Zuerst wurden viele Bilder geschossen. Als es dann an die Texte ging, war das viel schwieriger als gedacht. Es einfach zu machen, sind sich die Projektteilnehmer nach einem Schuljahr Fotografieren und Schreiben sicher, kann manchmal ganz schön schwer sein.
Neben der fachlichen Arbeit lernten sich Schüler und behinderte Menschen auch persönlich besser kennen. Gerd Vorhauer: „Wir haben die Lewitz-Werkstätten besucht und gesehen, wie dort gelebt und gearbeitet wird. Die Mitarbeiter wiederum haben unsere Schule kennengelernt. Ich möchte mich beim gesamten Team bedanken für den Fleiß, die Geduld und die Bereitschaft, voneinander zu lernen.“
Cover des Stadtführers
Kathleen Ladwig-Skiba beschreibt die Zusammenarbeit von Schülern, Menschen mit Handicap und den Mitarbeitern des Lübzer Land e.V. als gelungenes Beispiel für Inklusion. „Faszinierend war für mich zu sehen, dass alle, die an dem Projekt mitgearbeitet haben, die Stadt aus einem anderen Blickwinkel gesehen haben. Unsere Mitarbeiter fühlten sich sehr gewertschätzt, denn sie konnten sich gleichberechtigt einbringen und waren richtige Fotografen und Redakteure. Sie sind jetzt noch genauso begeistert wie am ersten Tag. Und da im jetzt vorliegenden Stadtführer längst noch nicht alle Ideen verwirklicht werden konnten, werden wir sicher weitermachen.“
Der „Stadtführer in einfacher Sprache für Jung und Alt“ ist in der Stadtinformation Lübz für einen Euro erhältlich.